Studien zur Fassadengestaltung. Sanierung eines Cafés.
„Mein Bauherr wünschte sich von mir einen Vorschlag zur Wiederherstellung der zweigeschoßigen Sockelfassade seines Hauses am Oberen Markt, da er das erste Obergeschoß wieder für eine Cafehausnutzung öffnen möchte. Dabei soll die Gebäudestruktur im Inneren im wesentlichen erhalten bleiben.
Das Gebäude aus der Mitte des 19. Jhd., mit großstädtischem Gepräge, wie Heiner Reitberger in seinem Buch „ Das alte Würzburg“ schreibt, wurde im 2. Weltkrieg sehr stark zerstört. Sehr früh wurde das Haus wieder aufgebaut, jedoch mit der Auflage, das 1. OG als Lochfassade auszubilden vielleicht um das großbürgerliche, bourgeoise Gehabe dem Bau zu nehmen. Auch der stolze Erker in Richtung Marienkapelle wurde gekuppt, das Gebäude amputiert. Nach dem Krieg gab es einen Vorschlag die Fassade wieder gemeinsam mit der der Volksbank mit eingeschoßigen Bögen in nahezu mittelalterlicher Manier umzugestalten.
Mit dieser Aufgabenstellung im Kopf, die funktionale Einheit des zweigeschoßigen Sockelgeschoßes wieder sichtbar zu machen, überlegte ich mir, was eine Fassade an dieser prägnanten Stelle, neben dem Haus zum Falken, im Blickfeld der Marienkapelle leisten soll, leisten kann und leisten muß.
Ein Cafe, wie ich es kenne und mir vorstelle, ist ein Ort der Begegnung, ein Ort um zu sehen und gesehen zu werden, selbstverständlich mit allen Annehmlichkeiten, die ein Konditormeister bieten kann. So war mir rasch klar, daß das Obergeschoß eine Loggia, eine Loge, sein sollte, um möglichst nahe am Geschehen auf dem Platz vor dem Haus zu sein. Dies ist leicht zu Bewerkstelligen, wenn die Fenster wie bei einem französischen Balkon zu öffnen sind. Dabei entsteht das Problem, daß eine Absturzsicherung geschaffen werden muß.
Wie können die Fensterfelder in einer solchen Fassade geschlossen werden, ohne wieder eine horizontale Gliederung bedingt durch Geschoßdecke und Brüstung zu erzeugen. Dabei kam mir ein Bild zu Hilfe, das wir alle von italienischen Bars und Cafes kennen, am berühmtesten sicherlich das Cafe Florian in Venedig am Markusplatz zwischen die Bögen der Arkaden gehängte und geraffte Vorhänge.
Die Lösung versuche ich mit Schichtung der Funktionen zu erreichen. Eine Ebene zum klimatischen Schutz des Innenraums, mit Fensterflügeln, Türen und Schaufenstern. In einer zweiten Ebene ordne ich einen gewissen Sonnenschutz und die Fensterbrüstung an, indem ich mir das vorgenannte Bild zu Hilfe nehme.
Dadurch, daß ich die zweite Ebene über die gesamte Höhe der Fensterfelder spanne, werden die Wandvorlagen und das Gesims zu einem Rahmen über zwei Geschosse, für ein Bild, das Associationen erlaubt, Zeichen ist und das ehemals kraftvolle Nebeneinander unterschiedlicher Bauepochen dokumentiert.
Zur Konstruktion: Die Fenster werden als Holzfenster mit einer Teilung entsprechend Ihrer Funktionsweise, Öffnungsflügel, Festverglasung, Eingangstüren, Sturzüberdeckung gefertigt und montiert. Die zweite Ebene wird aus Metallstreifen, Kupfer oder Schmiedebronze, die in Form geschnitten werden, gefertigt. Diese werden an Gewindestangen aufgereiht, mit dazwischen gesteckten Hülsen. Diese Idee untersuchten wir an 1:1 Modellen um uns einer Lösung zu nähern.“
Bruno Bruckner
Visualisierung: Büro Bruckner